"The ‚content’ of any medium is always another medium." (Marshall McLuhan)

Der Begriff Remediation bedeutet im Prinzip nichts anderes als daß ein Medium ein anderes zum Vorgänger hat und dieses wiederum nachhaltig verändern kann. Ein Medium repräsentiert sozusagen ein anderes. Marshall McLuhan definiert diesen Gedanken näher anhand eines simplen Beispiels: „The Content of writing is speech, just as the written word is the content of print, and print is the content of telegraph” (McLuhan (1964), S. 23 – 24, zitiert nach: Bolter/Grusin (1999), S. 45., gefunden auf http://papersucks.univie.ac.at/ctxt.php?&size=&sid=2182&nid=1070&lid=1#, am 15.5.2006) in seinem Buch “Understanding Media”. Neue Medien entstehen also aus den alten, das Internet hat insofern auch das Buch zu seinem Vorgänger. Während aber das Internet sich selbständig weiterentwickelte und die Linearität der Buchkultur mit Hilfe zum Beispiel des Hypertextes überwinden konnte, beeinflußt das Internet nun wieder den Aufbau von Büchern, wie wir in den letzten Vorlesungen gesehen haben. Der Hypertext vermittelt den Eindruck der unendlichen Erweiterbarkeit und der ständigen Verknüpfung diverser Themen, die einerseits zu schnellen wissenschaftlichen Informationen und Assoziationen, aber genauso zu Unüberschaubarkeit, unkontrollierter und falscher Information führen können.

Ein besonders spezielles Beispiel für die Verschmelzung verschiedener Quellen, die neben dem enormen zeitlichen Unterschied bezüglich ihres Ursprungs auch den großen technischen Schritt in ihrer Beschaffenheit und Verwendung vor Augen führt, sind die CESG (Codices Electronici Sangallenses). Wie ich schon in meinem Weblog beschrieben habe, handelt es sich hier um eine Online-Stiftsbibliothek aus St. Gallen, wo dem Besucher die nun nicht mehr einmalige Gelegenheit geboten wird in zum Beispiel einer Bibel aus dem letzten Viertel des achten Jahrhunderts zu blättern. Man beschäftigt sich also mit einem Medium aus unbegreiflich lang vergangener Zeit, mit Hilfe des für uns neuestem Medium, dem Internet. Die praktische geschichtswissenschaftliche Methode (beschäftigt man sich zum Beispiel intensiv mit alten Handschriften) wird so vollkommen verändert. Neben dem Faktum, daß nun nicht nur dem Experten diese Quelle zur Verfügung steht, der mit diesen Schrift handlich umzugehen weiß, kann nun jeder Laie diese digitalisierten, qualitativ hochwertigen Bücher zu sehen bekommen und vor allem darin blättern. Einerseits bleibt dem Besucher der Site nichts anderes übrig als diesen linearen Text nach seiner Beschaffenheit von Seite zu Seite zu studieren, allerdings ist aber der Umgang damit völlig neu geworden. Abgesehen davon, daß man keine Handschuhe braucht, man nicht auf den Öffnungswinkel des Buches zu achten hat, man die Quelle vor ihrer Abnützung schont etc., wird dem Leser ein neuer Umgang mit der Quelle ermöglicht. Zahlreiche Informationen über Herkunft, Beschaffenheit, Entstehungszeit, Inhaltsangaben sind mit Hilfe des Hypertexts per Klick zur Verfügung gestellt.

Um jetzt noch einmal zum Thema Remediation zurückzugreifen, sei abschließend nochmals auf die Verschränkung der Medien hingewiesen. Das Internet einerseits muss sich an die Grundstruktur des Buches halten, die Seiten können nur einzeln abgebildet werden und sind gleichzeitig das Fundament der Site. Allerdings ist die Handhabung eine neue, so verändert sich nicht nur der Zugang zur Quelle, sondern auch die Quelle an sich: durch die zahlreichen Links und Zusatzinformationen bekommt der Besucher mehr geboten als vorher, ganz zu schweigen von dem Umstand, daß die erleichterte Zugänglichkeit nun eventuell mehr Interessenten nach sich zieht und so vielleicht ein Beitrag zur intensiveren oder zumindest quantitativ größeren wissenschaftlichen Auseinandersetzung geleistet wird.

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